Lebensstile in Immobilienwerbung
Die Werbung greift immer wieder zurück auf Lebensstile und trifft dabei eine gewisse Auswahl, so auch die Immobilienwerbung. Sie sagt nicht nur etwas über den Beworbenen, sondern stets auch etwas über den Werbenden aus. Eine Analyse von Immobilienwerbung unterstützt somit das Verständnis der Lebensstilvorstellungen von Investoren. In einer in den 1870er Jahren beginnenden und bis in das Jahr 2007 reichenden historischen Betrachtung wurde Werbematerial zu Wohnimmobilien aus dem Raum Basel im Hinblick auf darin enthaltene Lebensstilaussagen in Text und Bild ausgewertet (N = 264, nahezu 14.000 beworbene Wohneinheiten). Dabei konnte die Entwicklung von der Klassengesellschaft zu einer modernen pluralen, stark Freizeit orientierten Gesellschaft nachgezeichnet werden. Allerdings wurde deutlich, dass die Immobilienwerbung neue gesellschaftliche Entwicklungen mit einer gewissen Verzögerung spiegelt, sich sehr an Stereotypen orientiert und teils auch an überkommenen Vorstellungen festhält. Soweit überhaupt von Innovatoren gesprochen werden kann, handelt es sich dabei in der Regel um gemeinnützige und öffentliche Investoren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts werben mitunter auch einzelne Bauunternehmer mit neuen gesellschaftlichen Trends. In den 1950er und 1960er Jahren, ein Spezialfall im Raum Basel, tritt die Chemieindustrie in grossem Stil als Wohnungsbauinvestor auf den Markt. Dabei vertritt sie in der Regel für die damalige Zeit moderne Ansätze des „Bauens von Gesellschaft“. Wohnungsbaugenossenschaften treten in ihrer werbenden Kommunikation demgegenüber deutlich konservativer auf. In der jüngsten Vergangenheit tun sich – neben dem ein oder anderen gemeinnützigen und öffentlichen Investor – einzelne kommerziell orientierte institutionelle Investoren mit der Ansprache moderner gesellschaftlicher Entwicklungen hervor. Im eigentlichen Sinne unternehmerische Ansätze, bestimmten Lebensstilgruppen (im Unterschied etwa zu bestimmten Haushaltsformen) spezifischen Wohnraum anzubieten, sind allerdings kaum erkennbar.
Veröffentlichung: Ulrich Kriese und Roland W. Scholz, Lifestyle ideas of house builders and housing investors – Views of a conservative branch, Manuskript eingereicht zur Publikation in der Zeitschrift Housing Studies.